Trauer ist schwer, und wir können das Schwere tragen
Durch die Auseinandersetzung und Begegnung mit der Trauer entwickelt jeder von uns im Laufe der Zeit die emotionale Kraft, die er braucht, um das immense Gewicht der Trauer zu halten.
Trauer formt dich wie die Wellen des Meeres mit der Zeit die Küste formen. Sie selbst muss dabei nicht automatisch abnehmen oder sich auflösen, sondern die Schwere des Verlustes darf über die Zeit bestehen bleiben und vielleicht nie ganz verschwinden.
Wie geht es heute?
Allerdings ist dies kein linearer Prozess: Es gibt Stillstand, Rückschritt, Wiederbeginn und Phasen, wo wir zusätzliche Lasten aufgebürdet bekommen, so dass wir uns erneut aufbauen müssen. Und auch die härtesten Athleten brauchen Zeiten der Erholung.
So beschreibt es beispielsweise auch der französische Semiologe und Kulturkritiker Roland Barthes in seinem „Tagebuch der Trauer“, das er am Tag nach dem Tod seiner Mutter beginnt.
Auf kleinen Zetteln notierte er selbstbeobachtend das An- und Abschwellen des Schmerzes, aber auch eigene Ausbruchsversuche, Launen, Lügen und kleine Freuden, die er trotz seines Kummers erlebte.
Hier und da scheint sich die Traurigkeit zu verflüchtigen, aber nur scheinbar, ein Jahr später überfällt ihn ein heftiger „Kummeranfall“ und er muss plötzlich „weinen“.
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Vorschau Kartenset Trau|ertragen

Statt die Trauer zu meiden, lohnt es sich, sie wahrnehmen und aktiv mit ihr umzugehen.
So wächst in uns die innere Kraft, Trauer als natürlichen und bleibenden Ausdruck von Liebe und Verlust zu würdigen und in das eigene Wesen zu integrieren, auch wenn wir das niemals gewollt hatten.
Drucke die Bilder auf festes Papier aus und schneide sie auseinander. Für dauerhaften Gebrauch kannst du die Karten ggf. auch auf Pappe ziehen oder laminieren.
Lass die „Trauerposen“ auf dich wirken und erspüre, welches Bild heute am besten zu deinem inneren Zustand passt.

Gib deiner Tageskarte einen aktuellen Titel, wie z.B.
- Flucht nach vorn
- nieder geschlagen
- Trauer bei Fuß
- geschultert
- auf die Füße gefallen
- usw.
Du kannst die Titel natürlich immer wieder verändern und anpassen.
Male, zeichne, collagiere oder fotografiere weitere Posen, falls nötig.
Teile deine Beobachtungen mit einer Person deines Vertrauens und wiederhole die Übung so oft du möchtest.
Deine Trauer erfordert Aufmerksamkeit und Güte gegenüber dem, was nicht geändert werden kann.
Die Welt wird dir das nicht immer entgegenbringen können.
Aber du
kannst es.

Lesetipp
Roland Barthes, Tagebuch der Trauer
Carl Hanser Verlag, München 2010
ISBN: 978-3-446-25185-4
Originalausgabe: Journal de deuil
26 octobre 1977 – 15 septembre 1979
Paris 2009
Manchmal … überfällt mich der flüchtige Gedanke sozusagen wie ein Blitz, dass Mam. für immer nicht mehr da ist; eine Art schwarzer Schwinge (des Endgültigen) huscht über mich und nimmt mir den Atem; ein so heftiger Schmerz, dass ich, man könnte sagen: um zu überleben, gleich zu etwas anderem abschweife.
